Die heutigen Logistikketten werden weltweit immer stärker automatisiert. Unterschiedliche Lieferanten bieten ihre Technik und Produkte an, die Kunden können so zwischen hunderten von Lösungen wählen. Der Medienhype um „Künstliche Intelligenz“ (KI), Robotics und Blockchain ist immens, die Techniken sind heute jedoch noch kaum im Einsatz. Dabei ist die Frage der für das Bargeld Verantwortlichen einfach: Welche Technologie löst mein Problem am besten und bringt meinem Unternehmen einen Return on Investment (ROI)? Die Antworten sind nicht so einfach, denn wer investiert schon in eine Technologie, die sich morgen am Markt nicht durchsetzt und abgeschaltet wird. Es gibt prominente Beispiele, zur Markteinführung der RFID Technik versprach man sich, dass zukünftig jedes Produkt in Echtzeit vom Hersteller zum Endkunden verfolgt werden kann. Die Sendungsverfolgung sollte revolutioniert werden, mit Impulsen für eine sichere Überwachung von Bargeldsendungen. In der Praxis hat sich die RFID Technik jedoch auch nach über 20 Jahren nicht flächendeckend durchgesetzt. Die Machbarkeit der Innovation und der Nutzen von neuen Technologien muss also jedes Mal für die Kunden ermittelt werden.
Welche Technologien sind marktreif?
Die neue Technik muss die Probleme des Kunden lösen, die Einführung sollte einfach und schnell sein. Diese simplen Kriterien minimieren das Risiko für die Kunden, die Entscheidungen können schneller getroffen werden. Deshalb ist es wichtig sich auf Technologien zu konzentrieren, die erfolgreich und mehrfach bei Kunden in unterschiedlichen Industrien installiert wurden. Denn diese marktreife Technik lässt sich auch auf den Bargeldkreislauf mit dessen speziellen Kundenanforderungen adaptieren.
Folgende Technologien sehen wir für die Bargeldlogistik als relevant an:
1. Automation von standardisierten Cash Boxen
In der Bargeldlogistik können viele Bearbeitungsschritte standardisiert und automatisiert werden. Die Analysen bei Zentralbanken zeigen, dass die Ein- und Auszahlungen im Cash Center selten mehr als 50 Artikel umfassen, dies erlaubt standardisierte Transportbehälter. Durch die Nutzung der Cash Boxen für die Belieferung und Abholung von Bargeld können die Transporte von Leerbehälter auf ein Minimum reduziert werden. Die Einführung von standardisierten, umlauffähigen und manipulationssicheren Behältern mit einer Kapazität von 3‘000 bis 10‘000 Banknoten ist sinnvoll. Diese Maße und das Gewicht der Behälter sind für eine manuelle und automatisierte Handhabung optimal.
Die Automations- und Robotertechnik ist heute so leistungsfähig und flexible einsetzbar, dass sich für die Bargeldlogistik nicht nur schnelle Banknotenbearbeitungssysteme lohnen, sondern auch der Tresor durch automatisierte Regalbediengeräte (AS/RS: automated storage and retreival systems) anderes als zuvor und viel wirtschaftlicher gestaltet werden kann. Die heute manuell durchgeführten Ein- und Auslagerungen von Banknoten und Münzen können automatisiert werden, so dass Tresoranlagen von den Mitarbeitern nur noch für Wartungsarbeiten betreten werden müssen. Die Software in den Cash Centern mit Schnittstellen zu Lagerverwaltungsprogrammen überwachen und verbuchen die Lagerbewegungen in Echtzeit (scannen von Behälterlabel oder lesen von RFID-Tags) und gleichen die Daten mit der Auftragsverwaltung ab. Optische Scanner können bei der Warenannahme und im Versand eingesetzt werden, die Sensoren lesen die Daten auf den Labels/ Plomben der Boxen und überprüfen die Behälter auf Beschädigungen und Manipulation. Die RFID Tags komplettieren die Datentransfers, indem sie zusätzlich die Sendungsnummern und die jewieligen Artikelnummern pro Box übertragen.
Automationsprojekte sind zukünftig nicht nur für die Spezialausrüster von Cash Centern oder von Geldtransportern interessant, sondern offen für Anbieter rund um die Lagerlogistik oder Materialflusssteuerung und deren Integratoren.
2. Software zur Steuerung des Bargeldkreislauf
Die heutige Sendungsverfolgung von Behältern erfolgt durch die automatische Identifikation (auto-ID) und Datenübertragung (Cash EDI) zwischen den relevanten Beteiligten im Bargeldkreislauf. GS1 Standards für die Bargeldlogistik definieren den Stand der Technik für alle, die Software und Systeme in ihre Wertschöpfungskette integrieren wollen. Dies sichert die Interoperabilität zwischen Kunde und Dienstleister, bzw. Lieferant und eröffnet jedem Cash Center Betreiber oder Wertdienstleister die Möglichkeit nicht nur von einem Anbieter abhängig zu sein, also z.B. bei Software Modulen die beste Herstellerlösung für die jeweilige Aufgabe auszuwählen, oder diese selbst zu programmieren.
Moderne Cash Management Software erlaubt die schnelle Integration von Roboter-Systemen (Robotics), Forecasting-Systemen (Analytics) mit kontinuierliche Leistungsmessung und Reporting. Der Bereichsleiter hat mit den Software Tools jeden Bereich seines Prozesses im Blick. Die Software Module unterstützen ihn auch bei der Leistungsmessung des Gesamtwirkungsgrad der Anlagen (Overall Equipment Efficiency/ OEE), prüfen Wartungsintervalle und planen optimale Bestellgrößen und -zeiten für den Geldautomaten-Service auf der Basis einer dynamischen Beauftragung.
3. Dynamische Liefer- und Transportketten
Heutige Wertdienstleister benötigen in vielen Regionen einen Vorlauf von 2 bis 3 Tage zwischen Beauftragung und Auslieferung oder zwischen Abholung der Gelder bis zur effektiven Verbuchung. Sie fahren nach starren Anfahrtsplänen, die über Wochen oder Monate geplant wurden, um die Kosten für den Kunden zu reduzieren. Auch wenn manche Dienstleister über eine direkte Verbuchung bei Abholung die Liquidität für den Kunden optimieren, übernimmt einer der Prozessbeteiligten die Kosten und das Risiko für den langsameren und unflexiblen Service im Hintergrund.
In der Zukunft sind solche Angebote nicht mehr wettbewerbsfähig; die Kunden erwarten, dass die Anbieter in Echtzeit auf veränderte Bestellungen reagieren, dies gilt auch in der Bargeldbranche. Wenn die Bargeldmengen im Handel und an den Bankschaltern abnehmen, werden die Mengen kleiner und die Anfahrtsfrequenz muss flexible den täglichen Bedarf angepasst werden. Diese Individualisierung bedeutet, dass derjenige im Vorteil ist, der mit geeigneter Software schnell und genau plant und seine Organisation darauf ausgerichtet hat, flexibel zu liefern. Diese "kundenspezifische Serienfertigung" setzt z.B. voraus, dass manipulationssichere Cash Boxen mit den richtigen Artikeln (sortenrein oder mit vordefinierten Haushaltsmischungen) vorkommissioniert im Tresor liegen, um bei Bedarf über automatische Regalbediensysteme direkt an die Werttransporter ausgeliefert zu werden. Dies gilt auch, wenn die Aufträge erst wenige Minuten vor dem Fahrzeug im Auftragssystem des Cash Centers eintreffen.
Der nächste Entwicklungsschritt ist die Nutzung von virtuellen Marktplätzen, wo regional die Software Nachfrage und Angebot in Echtzeit vergleicht. Die Wertdienstleister können dort freie Transportkapazitäten für ihre Regionen anbieten. Die Kunden sind nicht mehr starr an einen Anbieter gefesselt und können so ihre Auftragsspitzen an einen zweiten qualifizierten Anbieter vergeben. Dies verbessert die Stoppdichte des zweiten Anbieters und die Kosten pro Stopp für den Kunden.
Fazit
Automation, Robotics und Softwaresysteme, die modular über die ganze Logistikkette kommunizieren, verändern die Denkweise in Unternehmen. Dies wird immer wichtiger, wenn Banken und Händler durch die Kunden gezwunden werden, flexibel und schnell auf deren Anforderungen zu reagieren. Die Logistik-Software im Hintergrund muss in der Lage sein, in Echtzeit einen akkuraten Blick auf die Bestände im Lager, im Transport und über alle Filialen zu geben. Zusammen mit Automationssystemen zur wirtschaftlichen Geldbearbeitung und zur schnellen Auftragskommissionierung können die Dienstleistungen morgen auf den täglichen Bedarf flexibel angepasst werden (on-demand services).
Mit dem Wissen um diese Notwendigkeit stellen sich folgende Fragen, die in Wirtschaftlichkeitsstudien beantwortet werden müssen:
- Welche Prozessschritte sollten automatisiert werden?
- Welche Automationssysteme und Software sollten installiert werden?
- Welche Kapazitäten haben die Systeme im täglichen Betrieb?
Kontaktieren Sie uns gerne, bei Fragen zur Automation von Cash Centern und zur Lager- und Transportlogistik.
Quellen: Cash InfraPro Analysen und Machbarkeitsstudien, GS1 in Europe, McKinsey Analysen